Pflegepraktikum vor dem Physikum

MUDr. Andreas Zehetner

MUDr. Andreas Zehetner

CO-Founder von futuredoctor

Lesezeit: 6 Minuten
Zuletzt aktualisiert: 4. Juni 2024
Pflegepraktikum

📖 Inhaltsverzeichnis

Jede*r, der oder die in Deutschland Humanmedizin studieren und den Arztberuf ergreifen will, muss zwischen dem Schulabschluss und dem Physikum bzw. der Physikumsäquivalenz nach dem vierten Semester ein Pflegepraktikum absolvieren. Dies gilt auch wenn du am Zahnmedizin studieren, Tiermedizin studieren oder Pharmazie studieren bist. Dieses muss zwingend als Voraussetzung für die Zulassung zur ärztlichen Prüfung durchgeführt worden sein. Dabei gilt es für Medizinstudierende einige Dinge zu beachten, damit das Praktikum eine lehrreiche Zeit und überhaupt als Nachweis anerkannt wird. Welche Vorausetzungen das sind und alle weiteren relevanten Infos für Praktikanten, haben wir hier zusammengefasst!

Wo ist ein Krankenpflegedienst im Medizinstudium möglich?

Der Krankenpflegedienst muss auf einer Bettenstation eines Krankenhauses oder in einer Rehabilitationseinrichtung mit vergleichbarem Pflegeaufwand abgeleistet werden, kann also nicht im OP, in Ambulanzen, Notaufnahmen oder Praxen stattfinden. Auch psychiatrische und psychosomatische Abteilungen werden als Praktikumsplatz nicht ausnahmslos und z.T. nicht vollständig anerkannt. In der Psychiatrie und Psychosomatik gilt daher wie auch bei Rehakliniken, dass die entsprechende Einrichtung den Pflegeaufwand als vergleichbar zu den in einem Krankenhaus ausgeübten Tätigkeiten bescheinigen muss. In Zweifelsfällen sollte trotzdem immer im Voraus das Landesprüfamt kontaktiert werden.

Wie lange dauert das Pflegepraktikum?

Für die Anerkennung des Pflegepraktikums müssen insgesamt 90 Tage (inkl. Wochenenden und Feiertage) von der Einrichtung bescheinigt werden. Diese können auf max. drei Abschnitte mit je mindestens 30 Tagen aufgeteilt werden (Achtung: 4 Wochen haben nur 28 Tage und reichen daher nicht aus, wird also beispielsweise an einem Montag begonnen, muss der letzte Arbeitstag ein Dienstag sein). Es wird dabei in Vollzeit, also an fünf Tagen die Woche gearbeitet, wobei die genauen Arbeitsbedingungen und –zeiten mit den jeweiligen Abteilungen vereinbart werden. Am Wochenende und nachts muss in der Regel allerdings nicht gearbeitet werden. Unterbrechungen des Praktikums sind selbst bei Krankheit leider nicht „offiziell“ zulässig, Krankheitstage und anderweitige Fehltage müssen daher eigentlich direkt im Anschluss nachgeholt und das Praktikum um die entsprechende Zeit verlängert werden. Viele Stationen sind allerdings kulant und sehen über vereinzelte entschuldigte Fehltage aufgrund von Krankheit oder wichtigen Terminen hinweg. Besprecht das am besten noch vor Beendigung des Praktikums mit eurer Station, damit ihr frühzeitig planen könnt.

Pflegepraktikum vor der ärztlichen Prüfung: Wann ableisten?

Das Pflegepraktikum kann ab dem Schulabschluss entweder noch vor dem Medizinstudium oder während der vorlesungsfreien Zeit zwischen den ersten vier Semestern absolviert werden. Da viele Universitäten allerdings Praktika und Termine für Nachholklausuren in die Semesterferien legen (und Semesterferien auch eine verdiente Entspannung vom Unistress sein sollten), ist eine Ableistung von Teilen oder sogar den gesamten drei Monaten des Praktikums vor Studienstart sehr empfehlenswert.

Was sind meine Aufgaben im Krankenpflegepraktikum?

Die Aufgaben von Pflegepraktikant*innen sind nahezu identisch mit denen von Krankenpfleger, können aber je nach Klinik, Station, Fachbereich aber auch eigenem Engagement und Motivation variieren. Hauptsächlich geht es um die Erfüllung pflegerischer Aufgaben im Alltag wie Körperpflege, Lagerung der Patient*innen, Betten machen, Essen verteilen und Vitalzeichen messen, allerdings sind zum Teil auch Aufgaben wie Verbandswechsel oder Blutentnahmen unter Leitung und Aufsicht möglich. Somit erhalten die Studierenden hier im direkten Patientenkontakt Einblick in den Klinikalltag im Pflegebereich. Es hilft definitiv, sich interessiert zu zeigen und Fragen zu stellen, denn je schneller man lernt, desto mehr darf man in der Regel machen. Sollte man das Gefühl haben, nur für fachfremde Arbeiten wie Kaffee kochen oder Putzaufgaben benutzt zu werden, sollte man das Gespräch mit der Stationsleitung oder Kolleg*innen des Vertrauens suchen und ggf. einen Stationswechsel mit der Personalabteilung besprechen.

Pflegepraktikum

Welche Dienste oder Ausbildungen ersetzen das Pflegepraktikum?

Der Krankenpflegedienst kann auch dann angerechnet werden, wenn anderweitige Dienste oder Ausbildungen in einschlägigen Bereichen absolviert wurden. Dazu gehören unter bestimmten Bedingungen (jeweils nachzulesen auf den Websites der Landesprüfämter) Dienste im Sanitätsbereich der Bundeswehr, Freiwilligendienste auf Bettenstationen von Kliniken oder Altenpflege-/Behindertenheimen und die Berufsausbildung zum/zur Geburtshelfer*in, Krankenpflege(helfe)r*in, Altenpflege(helfe)r*in, MTA, Heilerziehungspfleger*in, Rettungsassistent*in oder Notfallsanitäter*in.

Wird der Krankenpflegedienst bezahlt?

Je nach Einrichtung ist eine kleine Aufwandsentschädigung möglich, üblich ist eine Bezahlung allerdings nicht. Findet das Pflegepraktikum im Rahmen eines Freiwilligendienstes oder einer Ausbildung statt, gilt aber natürlich das dafür vereinbarte Gehalt.

Wie läuft die Bewerbung für ein Pflegepraktikum ab?

Die Bewerbung auf Pflegepraktikumsplätze verläuft ganz unkompliziert direkt über die Einrichtung. Eine spezielle Voraussetzung oder erfolgreich abgelegte Prüfung ist nicht notwendig. Dabei kann man sich entweder offen bei der Personalabteilung melden und an den Einsatzort zuteilen lassen oder Wünsche bezüglich der Station oder Fachrichtung äußern. Wie immer sollte man am besten eine Bewerbung mit Anschreiben und Lebenslauf anhängen und den gewünschten Zeitraum angeben. Außerdem musst du einen Impfschutz gegen Hepatitis B als Nachweis beifügen. Die entsprechende Impfung muss mindestens 6 Wochen vor Antritt zurückliegen.

Das Pflegepraktikum als Pflichtpraktikum – nur unbezahlte Hilfsarbeit?

Ganz ehrlich: Jein. Es wäre übertrieben zu sagen, dass die drei Monate unbezahlter Vollzeitarbeit in der Pflege jede*m von Anfang bis Ende ausnahmslos Spaß machen würden und ununterbrochen fachlich bereichernd sind. Dennoch darf man nicht unterschätzen, was die Gewöhnung an Patient*innenkontakt und das Verinnerlichen grundlegender (pflegerischer) Arbeiten als Bestandteil des Klinikalltags für die weitere Ausbildung bedeuten. Spätestens, wenn man das erste Mal als Student*in auf einer Station ist, kann man mit jeder Erfahrung und jedem geübten Handgriff Sicherheit und Pluspunkte gewinnen. Darüber hinaus lernst du hier als zukünftiger Arzt oder Ärztin die Arbeit der Krankenpfleger zu schätzen. Seht dem ganzen also positiv entgegen, auch wenn das Pflegepraktikum nicht als der beliebteste Abschnitt des Studiums bekannt ist – am Ende lohnen sich diese Einblicke doch!