Abiturbestenquote Medizin: Braucht man wirklich ein 1,0-Abitur?

Mona Qadam

Mona Qadam

Autorin bei futuredoctor

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Lesezeit: 10 Minuten
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Zuletzt aktualisiert: 7. Oktober 2025
Abiturbestenquote Medizin: Braucht man wirklich ein 1,0-Abitur?

☝️ Das Wichtigste in Kürze

  • 30 % aller Medizinstudienplätze werden über die Abiturbestenquote (ABQ) vergeben.
  • Entscheidend ist nicht nur der NC, sondern vor allem die Gesamtpunktzahl (max. 900 Punkte).
  • Ein 1,0-Abitur ist keine zwingende Voraussetzung – auch 1,1 oder 1,2 können reichen.
  • Die Chancen hängen stark vom Bundesland ab, da die Bewertungssysteme unterschiedlich sind.
  • Auch mit schlechterem Schnitt gibt es alternative Wege ins Medizinstudium (z. B. TMS, AdH, ZEQ).

📖 Inhaltsverzeichnis

In diesem Artikel erfährst du die Auswahlgrenzen des Numerus Clausus, um einen Platz in der 1. Quote zu erhalten.

Was ist die Abiturbestenquote?

Die Abiturbestenquote ist eine von drei zentralen Zulassungsquoten für das Medizinstudium in Deutschland. Das bundesweite Auswahlverfahren wird über hochschulstart.de koordiniert und regelt, welche Bewerberinnen und Bewerber einen Platz im Studiengang Humanmedizin erhalten.

Das Verfahren besteht aus drei Säulen:

  • Abiturbestenquote (30 %) – Auswahl ausschließlich nach Abiturnote bzw. Punktzahl.
  • Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH, 60 %) – Kombination aus NC, TMS/HAM-NAT und ggf. weiteren Kriterien.
  • Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ, 10 %) – Bewertung unabhängig von der Schulnote, z. B. durch Berufserfahrung oder TMS.

Neben diesen drei Säulen gibt es die sogenannte Vorabquote bzw. Vorabquoten. Diese Quoten regeln die Vergabe eines bestimmten Anteils der Medizinstudienplätze vorab an spezielle Bewerbergruppen, wie zum Beispiel das Militär, Landesvertretungen, internationale Studierende, Zweitstudienbewerber oder Härtefälle. Härtefälle sind Bewerberinnen und Bewerber, die aufgrund besonderer persönlicher oder sozialer Umstände bevorzugt berücksichtigt werden. Die Vorabquoten werden vor der regulären Verteilung der Studienplätze angewendet und stellen eine wichtige Sonderregelung im Auswahlverfahren dar.

Die Abiturbestenquote ist damit der direkteste, aber auch härteste Weg, da hier nur die besten Absolventinnen und Absolventen ihres Bundeslandes berücksichtigt werden. Diese Quote wird auch als Hauptquote bezeichnet. Die Verteilung der Plätze innerhalb der Abiturbestenquote erfolgt nach Landesquoten, sodass die Bewerberinnen und Bewerber zunächst innerhalb ihres Bundeslandes miteinander konkurrieren, um eine gerechte Verteilung der Studienplätze bundesweit zu gewährleisten.

Das gesamte Auswahlverfahren unterliegt festen Regeln und einem klar definierten Regelwerk, das die Kriterien, Abläufe und die Berechnung der Punktzahlen sowie die Rangbildung bei der Vergabe der Studienplätze bestimmt.

Numerus Clausus und Zulassungsbeschränkungen

Der Numerus Clausus (NC) ist in Deutschland das zentrale Instrument, um die Vergabe von Medizinstudienplätzen zu steuern. Da die Nachfrage nach einem Studienplatz in Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie das Angebot an Studienplätzen deutlich übersteigt, gibt es für diese Studiengänge strenge Zulassungsbeschränkungen. Der NC bezeichnet dabei die Abiturnote, die mindestens erreicht werden muss, um im jeweiligen Studiengang und an der jeweiligen Hochschule eine Chance auf einen Platz zu haben. Die erforderliche Punktzahl und der NC schwanken von Jahr zu Jahr und unterscheiden sich je nach Bundesland, Hochschule und Studiengang.

Gerade für Medizin ist der NC traditionell besonders hoch – oft liegt er bei 1,0 oder 1,1. Auch für Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie sind die Auswahlgrenzen sehr anspruchsvoll. Die Abiturbestenquote spielt dabei eine zentrale Rolle: 30 % der Medizinstudienplätze werden ausschließlich nach der Abiturnote und der erreichten Punktzahl vergeben. Hier zählt einzig das Abiturergebnis, nachrangig werden bei Gleichstand noch Kriterien wie geleisteter Dienst oder das Losverfahren herangezogen.

Neben der Abiturbestenquote gibt es die Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ), die 10 % der Studienplätze vergibt. Hier stehen schulnotenunabhängige Kriterien im Vordergrund, wie zum Beispiel das TMS-Ergebnis, praktische Erfahrungen im Gesundheitswesen oder absolvierte Dienste. Die ZEQ bietet damit auch Bewerbern mit weniger herausragender Abiturnote eine echte Chance auf einen Medizinstudienplatz.

Den größten Anteil an der Vergabe macht das Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) aus: 60 % der Studienplätze werden über dieses Verfahren verteilt. Im AdH zählen neben der Abiturnote auch das Ergebnis des TMS oder HAM-NAT, berufliche Qualifikationen, praktische Erfahrungen und weitere hochschulspezifische Kriterien. Jede Hochschule kann eigene Schwerpunkte setzen, sodass sich die Auswahlverfahren und Gewichtungen unterscheiden.

Für Bewerberinnen und Bewerber ist es daher entscheidend, sich frühzeitig über die verschiedenen Vergabeverfahren, Quoten und Auswahlkriterien zu informieren. Wer die Rolle des NC, die Bedeutung der Abiturbestenquote, die Möglichkeiten der ZEQ und die Anforderungen im AdH kennt, kann seine Bewerbung gezielt ausrichten und die eigenen Chancen auf einen Medizinstudienplatz in Deutschland deutlich erhöhen.

Wie funktioniert die Abiturbestenquote Medizin?

Bei der Vergabe der Studienplätze über die Abiturbestenquote werden die Bewerberinnen und Bewerber innerhalb ihres Bundeslands miteinander verglichen. Der Abiturdurchschnitt, die Abiturdurchschnittsnote und der Abiturschnitt sind dabei zentrale Auswahlkriterien, die maßgeblich über die Ranglisten-Positionen entscheiden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle Abiturientinnen und Abiturienten faire Chancen haben – unabhängig davon, wo sie ihr Abitur gemacht haben. Die Ranglisten-Positionen bestimmen, welche Bewerber einen Platz erhalten, da die verfügbaren Plätze nach dieser Reihenfolge vergeben werden.

Der Ablauf in Kürze:

  • Jedes Bundesland meldet die besten Abiturientinnen und Abiturienten an die Stiftung Hochschulstart.
  • Auf Basis der Gesamtpunktzahl (maximal 900 Punkte) werden Ranglisten erstellt.
  • Die besten Bewerber aus jedem Bundesland erhalten einen Studienplatz – bis die 30 % der Plätze vergeben sind.

Das bedeutet: Entscheidend ist nicht der reine Notendurchschnitt, sondern deine relative Position in deinem Bundesland.

Punkte statt Noten: Warum die Punktzahl entscheidend ist

Viele glauben, dass allein der NC darüber entscheidet, ob man in die Abiturbestenquote kommt. Tatsächlich ist das Punktesystem ausschlaggebend. Die Abiturnoten werden dabei in Punktzahlen umgerechnet, um eine einheitliche Bewertung zu ermöglichen.

Das deutsche Abitur wird mit maximal 900 Punkten bewertet. Diese Punktzahl ergibt sich aus den Ergebnissen der Grund- und Leistungskurse sowie den Abiturprüfungen. In manchen Bundesländern können zusätzlich Testergebnisse oder spezielle Tests als ergänzende Auswahlkriterien herangezogen werden.

Je nach Bundesland kann jedoch ein identischer Schnitt unterschiedliche Punktwerte haben. Das führt dazu, dass Bewerber mit gleicher Abinote nicht automatisch gleiche Chancen haben.

Beispiel:

  • In Bayern kann ein Schnitt von 1,0 etwa 835 Punkte bedeuten.

  • In Berlin entspricht derselbe Schnitt vielleicht 850 Punkte.

Da die Platzvergabe innerhalb der Bundesländer erfolgt, kann es also passieren, dass du mit 1,1 in einem Bundesland zugelassen wirst, während du in einem anderen leer ausgehst.

Braucht man wirklich ein 1,0-Abitur?

Die klare Antwort lautet: Nein! Ein 1,0-Abitur erhöht zwar die Chancen, ist aber nicht zwingend erforderlich. Viele Abiturienten machen sich Sorgen, weil ihr Abi-Schnitt nicht perfekt ist – doch dieses Problem ist kein unüberwindbares Hindernis auf dem Weg zum Medizinstudium.

Im ersten Bewerbungsverfahren nach Einführung der neuen Regelung (Wintersemester 2020/21) zeigte sich, dass Bewerberinnen und Bewerber mit 1,1 oder 1,2 im Abi ebenfalls realistische Chancen hatten.

Natürlich gilt: Je besser dein Schnitt, desto höher deine Wahrscheinlichkeit auf einen Platz – doch der Mythos, dass nur 1,0 reicht, ist überholt.

Richtwerte aus den vergangenen Jahren:

  • 1,0: Sehr gute Chancen in fast allen Bundesländern
  • 1,1: Gute Chancen, abhängig von Konkurrenz im Bundesland
  • 1,2: Möglich, aber nur in einzelnen Ländern mit geringerer Bewerberzahl
  • Ab 1,3: Nur in Ausnahmefällen – dann meist kein Platz über die Abiturbestenquote

Tipp: Selbst mit einem 1,2-Abitur lohnt sich die Bewerbung, da die Grenzwerte jedes Jahr leicht schwanken.

Warum sich die Chancen zwischen den Bundesländern unterscheiden

Jedes Bundesland vergibt seine Studienplätze autonom innerhalb der Abiturbestenquote. Die sogenannten Landesquoten steuern dabei die Verteilung der Plätze innerhalb der einzelnen Bundesländer. Das heißt: Die Punkteschwelle für eine Zulassung hängt von der Leistungsdichte des jeweiligen Bundeslands ab. Zudem gelten in den Bundesländern unterschiedliche Regeln, die die Zulassungskriterien und die Vergabe der Studienplätze beeinflussen.

Beispielhafte Unterschiede:

Bundesland

Erforderlicher NC (ca.)

Durchschnittliche Grenze

Bayern

1,0

sehr hoch

Baden-Württemberg

1,0–1,1

hoch

Hamburg

1,1

mittel

Sachsen

1,2

mittel

Brandenburg

1,3

niedrig

Das zeigt, dass Bewerberinnen und Bewerber in kleineren Bundesländern teilweise mit etwas schlechterem Schnitt zum Zug kommen können.

Wie viele Studienplätze werden über die Abiturbestenquote vergeben?

Etwa 30 % aller Studienplätze für Humanmedizin werden über die Abiturbestenquote vergeben. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze ist dabei begrenzt und richtet sich nach den jeweiligen Auswahlkriterien. Da es in Deutschland pro Jahr rund 9.500 Medizinplätze gibt, sind das ungefähr 2.850 Plätze.

Diese Plätze sind jedoch stark umkämpft – oft bewerben sich mehr als 40.000 Personen auf diese Quote, was die Konkurrenz um die wenigen zur Verfügung stehenden Plätze zusätzlich verschärft. Das erklärt, warum der erforderliche Schnitt so niedrig ist.

Alternative Wege ins Medizinstudium

Falls dein Abitur nicht für die Abiturbestenquote reicht, ist das kein Grund zur Sorge. Die meisten Medizinstudierenden erhalten ihren Platz über andere Wege – vor allem über das Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) und die Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ).

1. Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH)

Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle:

  • Abiturnote
  • TMS (Test für medizinische Studiengänge) oder HAM-NAT
  • Medizinische Berufsausbildung
  • Freiwilligendienste (FSJ, BFD)

Im Auswahlverfahren der Hochschulen werden verschiedene Auswahlkriterien wie Tests, Testergebnisse und Interviews herangezogen, um die Eignung der Bewerber zu beurteilen. So können beispielsweise Testergebnisse aus dem TMS oder anderen Tests sowie die Ergebnisse aus Interviews als ergänzende oder alternative Auswahlkriterien neben der Abiturnote gewertet werden.

Ein gutes TMS-Ergebnis kann selbst bei einem schwächeren Abischnitt den Unterschied machen.

2. Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ)

Diese Quote vergibt 10 % der Plätze unabhängig von der Abiturnote.
Punkte erhältst du hier für:

  • TMS oder HAM-NAT
  • Berufsausbildung
  • Berufserfahrung
  • Soziale oder freiwillige Dienste

Damit bietet die ZEQ eine wertvolle zweite Chance, besonders für Bewerber mit Abischnitt zwischen 2,0 und 3,0.

3. Studium an privaten Universitäten oder im Ausland

Auch private Hochschulen in Deutschland (z. B. Witten/Herdecke, Kassel, Hamburg) oder Universitäten in Österreich, Ungarn, Polen oder der Schweiz bieten Studienplätze an – teilweise ohne NC, dafür mit eigenem Auswahlverfahren oder Aufnahmeprüfung.

Tipps, wenn dein NC nicht reicht

  1. TMS ernst nehmen: Mit gezielter Vorbereitung kannst du dein Ergebnis stark verbessern und so deine Chancen im AdH oder der ZEQ deutlich erhöhen.
  2. Berufsausbildung im Gesundheitswesen: Eine Ausbildung als Pflegekraft, Rettungssanitäter/in oder MTA kann dich voranbringen.
  3. Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ): Neben wertvoller Erfahrung kann es dir Pluspunkte bringen.
  4. Ausland als Option: Universitäten in Osteuropa bieten hohe Qualität und erleichterten Zugang.
  5. Langfristige Planung: Es gibt viele Wege – mit der richtigen Strategie kommst du auch ohne 1,0 ans Ziel.

Häufige Fragen (FAQ)

Wie berechnet sich die Punktzahl für die Abiturbestenquote?
Die Gesamtpunktzahl ergibt sich aus den Leistungen der Oberstufe (Kurse + Prüfungen) und wird von den Kultusministerien der Länder an Hochschulstart gemeldet. Weitere Details und Infos zum Bewerbungsverfahren findest du in unserem Artikel.

Kann ich mich gleichzeitig über alle drei Quoten bewerben?
Ja, automatisch! Mit einer Bewerbung nimmst du gleichzeitig an der Abiturbestenquote, am AdH und an der ZEQ teil.

Zählt der TMS in der Abiturbestenquote?
Nein, hier wird ausschließlich die Abiturpunktzahl berücksichtigt. Der TMS spielt erst im AdH oder der ZEQ eine Rolle.

Wie viele Punkte brauche ich, um realistische Chancen zu haben?
Meist liegt die Grenze bei 830–850 Punkten, abhängig vom Bundesland.

Wann lohnt sich eine Bewerbung trotzdem?
Immer! Da sich Grenzwerte jährlich ändern, kann sich eine Bewerbung selbst mit 1,3 noch lohnen.

Fazit: 1,0 ist nicht alles

Auch wenn die Abiturbestenquote den Ruf hat, nur die Allerbesten zuzulassen, zeigt sich:
Du brauchst kein perfektes Abitur, um Medizin zu studieren – aber ein gutes Timing und die richtige Strategie.

Mit einem Schnitt um 1,1–1,2 hast du reale Chancen, vor allem in bestimmten Bundesländern.
Und falls es in dieser Quote nicht klappt, stehen dir über das AdH, die ZEQ oder Alternativen im Ausland noch viele Türen offen.

Das Wichtigste ist: Dranbleiben, clever planen und dich frühzeitig informieren – dann steht deinem Medizinstudium nichts im Weg.